Christian Broecking - ein Nachruf

Am heutigen Morgen erhielt ich die traurige Nachricht, dass gestern der Musikwissenschaftler Christian Broecking nach langer Krankheit im Alter von 63 Jahren verstarb.

Ich lernte Chris Ende der 1980er Jahre kennen, als wir auf dem Zweiten Bildungsweg das Abitur am VHS-Kolleg Schöneberg erwarben und gemeinsam den PW-Leistungskurs belegten, woraus teils sehr lebhafte Debatten über Geschichte und Weg linker Politik (die seinerzeit diese Bezeichnung noch verdiente) resultierten und die unseren Lehrer mitunter an den Rand der Verzweiflung brachten.
Chris Broecking sollte jedem Jazz-Kenner ein Begriff sein, seine Interviews mit Ornette Coleman, Don Cherry, Herbie Hancock und Sonny Rollins haben Musikgeschichte geschrieben. In Jazz-Kreisen legendär ist sein Buch "Der Marsalis-Komplex: Studien zur gesellschaftlichen Relevanz des afroamerikanischen Jazz". Zudem hat Chris das weltweit erste Buch über Gregory Porter verfasst.
Die Musikwissenschaft verliert mit Chris Broecking einen Autor, der Themen aufgriff und auf herausragende Weise erschloss, die andere bis dahin ignorierten. Sein Verdienst besteht darin, dass er als hierzulande erster Wissenschaftler die Musiker, die den modernen Jazz maßgeblich prägten, in klug und empathisch geführten Interviews selbst zu Wort kommen ließ und damit neue Perspektiven der Rezeption ihrer Musik - insbesondere aus gesellschaftspolitischer Sicht - eröffnete.

Christian Broeckings bei Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Christian_Broecking
Artikel von Christian Broecking in der Zeit https://www.zeit.de/autoren/B/Christian_Broecking/index.xml